Die EU wollte 2023 ein klares Signal setzen: Ab 2035 sollen keine neuen Verbrenner mehr zugelassen werden. Zwei Jahre später wackelt der Beschluss. Deutschland und mehrere EU-Staaten drängen auf eine Neubewertung. Die Debatte zeigt, wie stark sich politische Rahmenbedingungen, wirtschaftliche Realitäten und technologische Erwartungen seit 2023 verschoben haben.
Der ursprüngliche Beschluss von 2023
Als die Europäische Union im Jahr 2023 entschied, den Verkauf neuer Pkw mit Verbrennungsmotor ab 2035 zu beenden, galt die Einigung als Meilenstein ihrer Klimapolitik. Die Idee war eindeutig: Der Neuwagenmarkt sollte vollständig auf emissionsfreie Antriebe umgestellt werden, um die CO₂-Ziele verlässlich zu erreichen. Der Beschluss war breit getragen, von der EU-Kommission, dem Parlament und den Mitgliedstaaten. Bestehende Fahrzeuge durften weiter betrieben werden, doch für neue Verbrenner sollte Schluss sein. Die klare zeitliche Vorgabe sollte Sicherheit schaffen und Investitionen in emissionsfreie Technologien lenken.
Der politische Gegenwind aus Deutschland
Zwei Jahre später hat sich die Perspektive verschoben. Deutschland ist zum sichtbarsten Kritiker des Verbots geworden. Die Bundesregierung fordert eine Neubewertung des Ausstiegs und argumentiert mit wirtschaftlichen Risiken. Die deutsche Autoindustrie warnt vor Arbeitsplatzverlusten, steigenden Produktionskosten und einem Wettbewerbsnachteil gegenüber außereuropäischen Herstellern. Dieser Kurswechsel markiert eine deutliche Abkehr vom früheren Konsens und zeigt, wie stark industriepolitische Erwägungen inzwischen das Vorgehen bestimmen.
Der deutsche Vorstoß blieb nicht isoliert. Italien, Polen, Tschechien, Ungarn, Bulgarien und die Slowakei haben sich der Forderung angeschlossen. In einem gemeinsamen Schreiben an die EU-Kommission machen sie deutlich, dass ein starres Festhalten am Verbot aus ihrer Sicht ökonomisch nicht tragfähig sei. Diese Staaten verweisen auf hohe Umstellungskosten, schwache Infrastruktur und begrenzte Kaufkraft in ihren Ländern. Aus einem nationalen Positionswechsel ist damit ein größerer politischer Block geworden, der die ursprüngliche EU-Strategie herausfordert.
Die Reaktion der EU-Kommission
Die EU-Kommission hat den Druck aufgenommen und angekündigt, das Verbrenner-Verbot früher und umfassender zu überprüfen als geplant. Gespräche mit der Industrie lassen erkennen, dass alternative Technologien eine größere Rolle spielen könnten. Gemeint sind etwa synthetische Kraftstoffe, Hybridantriebe oder weiterentwickelte Verbrennungsmotoren. Damit öffnet sich die Debatte, die 2023 eigentlich abgeschlossen schien, wieder grundlegend. Der Ausstieg bleibt Ziel, aber der Weg dorthin weniger starr.
Was sich seit 2023 verändert hat
Die politische Kehrtwende ist kein Zufall, sondern Ausdruck veränderter Rahmenbedingungen. Die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen wächst vielerorts langsamer als erwartet. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur bleibt ungleichmäßig, und die Industrie steht unter erheblichem Investitionsdruck. Gleichzeitig verschärft sich der internationale Wettbewerb, was europäische Hersteller verunsichert. Umweltorganisationen warnen hingegen vor einem Rückfall in alte Muster. Sie betonen, dass synthetische Kraftstoffe weder ausreichend verfügbar noch energetisch sinnvoll sind und dass eine Aufweichung die Klimaziele gefährden würde.
Wie es weitergeht, hängt davon ab, welche politischen Prioritäten sich durchsetzen. Möglich ist, dass der ursprüngliche Beschluss bestehen bleibt und ab 2035 ausschließlich emissionsfreie Neuwagen zugelassen werden. Ebenso denkbar ist ein Modell mit Ausnahmen für E-Fuels oder bestimmte Hybridkonzepte. Auch eine Verschiebung oder Abmilderung des Verbots ist nicht ausgeschlossen, falls wirtschaftliche oder infrastrukturelle Gründe dominieren. Jede dieser Varianten hätte deutliche Auswirkungen auf Klimaambitionen, Industriepolitiken und Verbraucher.